Barkhauser ortshistorische Persönlichkeiten
Heinrich Ludwig Schumacher (1779-1856)
Sohn eines eines „Obereinnehmers und Kreisschreibers“ und zugleich „Lehmsteinfabrikanten“ aus Meißen bei Minden. Betrieb in jungen Jahren eine Kalkbrennerei in Lerbeck, später auch im Wittekindsberg. „Agrarökonom“. Übernahm 1817 Gut Wedigenstein in Erbpacht und machte es zu einem mustergültigen Betrieb.
Mann von eisernem Sparwillen. Entlarvte das Königliche Kalkbrennmonopol im Fürstentum Minden als fiskalische Anmaßung. Setzte persönlichen Geltungsdrang in Gemeinwohlnutzen für Barkhausen um. Errichtete 1829 auf dem Gutsgelände den noch heute existierenden „Wittekind-Gedenk-Obelisken“. Beteiligte sich 1829/30 maßgeblich an der Finanzierung des Vermessungsturms des Mindener Obergeometers Johann Jacob Vorlaender – des heutigen Moltketurms –, den er als Aussichtsturm der Öffentlichkeit zugänglich machte.
Als 1822 seine Frau starb, stiftete er zu ihrem Gedenken seiner Kirchengemeinde – damals noch Hausberge – ein Schulbuchlegat für bedürftige Kinder. Der zugehörige Gedenkstein steht jetzt auf dem Kirchhof der evangelischen Kirche in Hausberge. 1852 verkaufte Schumacher das Gut Wedigenstein an seinen Sohn Carl Wittekind.



Heinrich Wilhelm Osthaus (1841-1912)
Kam 1887 als neuer Eigentümer von Gut Wedigenstein mit Familie an die Porta. Zuvor 25 Jahre leitende Tätigkeit in einem Industrieunternehmen in Hagen/Westfalen.
Aus seinem verwandtschaftlichen Umfeld ging das Essener Folkwangmuseum hervor. Größter Steuerzahler im Dorf. Modernisierte das Gut grundlegend.
Den Kirchenkreisen in Barkhausen eng verbunden. Zahlreiche kirchlich-diakonische Ehrenämter, auch weit über die örtliche Ebene hinaus. Maßgeblich beteiligt an der Loslösung von St. Martini in Minden und am Bau der Barkhauser Kirche. Deren erster Kirchmeister. Setzte die Umpfarrung des Gutes von Hausberge nach Barkhausen durch. 1907 treibende Kraft bei der Gründung der „Evangelischen Frauenhülfe“.
1907-1912 Gemeinde- und Amtsvertreter. 1910 Rückzug aus der Gutsverwaltung und Umzug in seine Mindener Stadtvilla. Zur gleichen Zeit Vorbereitung, Gründung und weitgehende Finanzierung der „Osthaus-Stiftung“, mit Kinderschule, Schwestern- und Siechenstation. Träger des Roten Adlerorden III. Klasse. Auf dem alten Friedhof in Barkhausen bestattet.
August Schwartze (1847-1917)
Nach dem Tode seines Bruders Wilhelm alleiniger Chef der 1883 gegründete Zementplattenfabrik W.&A. Schwartze. Der Firma gehörte auch die Kettenbrücke. Schwartze hatte über 10 Jahre als selbständiger Handelsvertreter der Textilbranche in den USA gelebt, zuletzt sogar als amerikanischer Staatsbürger.
Zeichnete sich durch patriarchalisch-soziales Engagement aus und zählte zum Anfangskreis des Fabrikantenvereins „Concordia“, dessen Mitglieder sich als „Freunde des Arbeiterstandes“ sahen und das „Wohl der Arbeiter“ fördern wollten. Wurde für seine Leistungen zum Ritter des Kronenordens 4. Klasse erhoben.
August Schwartze war stark in das Barkhauser Gemeindeleben eingebunden. Unter fünf Amtmännern des Amtes Dützen Amtsbeigeordneter sowie langjähriges Mitglied der Amtsversammlung. Amtmann Gerfsom bescheinigte ihm in einem Nachruf, er sei „der Besten einer“ gewesen. Bis kurz vor seinem Tode auch Mitglied der Gemeindevertretung.

Schwartzes Angestellte und Arbeiter hoben in ihrem Nachruf seine „wohlwollende, freundliche Behandlung jedes einzelnen“ hervor. Nach der Firma W.&A. Schwartze wurde später die Parkstraße umbenannt, die sie im Jahre 1914 als Verbindungsstraße zwischen Werk und Fährstraße bauen, aber für die Gemeinde im Grundbuch hatte eintragen lassen.

Heinrich Hutze (1853-1913)
An der Baugewerbeschule Höxter ausgebildeter Architekt im Bund Deutscher Architekten. Sein Vater stammte vom Hof Hutze Nr. 16. Heirat mit Helene Nottmeier, Tochter des Direktors der Friedrichshütte. Schuf u. a. die Kirchen in Barkhausen, Hartum, Lerbeck, Kleinenbremen, Eidinghausen, Bochum-Dahlhausen, Gütersloh-Isselhorst, Altena und Holzwickede, das Hotel Großer Kurfürst, das Amtshaus in Hausberge und nicht zuletzt – als Vierundzwanzigjähriger – seine Villa an der Portastraße in Barkhausen, auch viele Schulen, Pfarr- und Wohnhäuser.
Wirkte über Westfalen hinaus bis ins Mecklenburgische. Viele seiner Bauten stehen heute unter Denkmalschutz, andere wurden zerstört (Bismarcksäule, Einfassung der Wittekindsquelle). Versuchte in seinen Bauten, Historismus und Moderne miteinander zu verbinden.
Spielte auch in der Gemeindepolitik und in den Vereinen eine herausgehobene Rolle. Viele Jahre stellvertretender Standesbeamter – damals noch ein Ehrenamt. Vertrat die Gemeinde lange in der Amtsverordnetenversammlung. Prägte maßgeblich die Dorfpolitik mit. Auf dem alten Barkhauser Friedhof beigesetzt. Sein Büro wurde von Architekt Warmbold weitergeführt.
Ida Caroline Ströver (1872-1955)
Malerin und Schriftstellerin. Nachfahrin Heinrich Ludwig Schumachers. Kindheit auf Gut Wedigenstein. Schrieb 1918 „Die Goldene Pforte“, einen autobiographischen Roman über ihre Kindheit auf dem Gut. Ausbildung in Hannover und Kassel. Frühe Neigung zur Kunst. Wilhelm von Kaulbach war Lehrer ihrer Mutter gewesen. Kunststudium in München. Dort bis 1906, dann für etwa 25 Jahre in Bremen, danach Berlin. Fritz von Uhde beriet sie.
Bekanntschaft mit Käthe Kollwitz. Künstlerische Gestaltung der Totenfeier für Arnold Böcklin. Vorbilder: Rembrandt, Giotto, Dürer. Gegen alles Abstrakte. Bevorzugte die große Form und die pathetische Gebärde. Vaterländische und religiöse bzw. biblische Motive, verstärkt durch schwerste Erkrankungen. 1911 Schaffung eines 22 m langen Kolossalfrieses für die Berliner Ausstellung „Die Frau in Haus und Beruf.“
Zugang zum berühmten Lyceumsclub, dessen etwa 1.000 weibliche Mitglieder für mehr Frauenrechte warben. In München referierte sie auf einem internationalen Frauenkongreß vor überfülltem Hause über „das Kunststudium der Frau“. Zwischen 1915 und 1925 große Gedenkwand „ver sacrum“ für die Aula des Alten Gymnasiums Bremen.

In den ersten 30er-Jahren Ausmalung der Heliand-Kirche der Anstalt Wittekindshof (inzwischen verwittert und zerstört).
Beherrschte aber auch die „kleine Form“, besonders in Zyklen (Heliand, „Bremer Sturmtage“, „Wiedertäufer“). Nach 1933 Nähe zur NS-Ideologie und zum Führerkult. „Hitler-Zyklus“. Religiöser Antisemitismus. Pläne zur Ausmalung der Margaretenklus scheiterten 1937. Großer Teil ihres Gesamtwerks im Kriege zerstört.
Lebte nun in Murnau. Letzte Lebensjahre wieder in Minden. Auf dem Familienfriedhof im Wald hinter dem Gut Wedigenstein begraben. Dorthin führt heute eine kleine, nach ihr benannte Waldstraße.

Heinrich Gerkemeyer (1889-1959)
Sozialdemokratischer Kommunalpolitiker. Gelernter Zigarrensortierer, später Lagerhalter. 1919 erster SPD-Vorsteher. 1922 auch Verwalter de neuen Konsums. Blieb zunächst bis 1933 im Amt. Hatte – vermutlich 1906; ein schriftliches Gründungsprotokoll gibt es nicht – den SPD-Ortsverein mit gegründet, der dann in den 20er-Jahren unter ihm mit zeitweilig über 200 Mitgliedern neben Häverstädt im Amt Dützen der mitgliederstärkste war. Im Juni 1933 wie im ganzen Land Aberkennung der SPD-Mandate und erzwungene Selbstauflösung der Ortsvereine.
NS-Bürgermeister wurde Heinrich Kochbeck. Am 14. Mai 1946 bestätigte die Kreisverwaltung 17 Gemeinderatsmitglieder, die von der Militärregierung für „unbedenklich“ befunden worden waren. Gerkemeyer aber erst im Dezember 1946 erneut ins Amt eingesetzt (bis dahin kommissarische Leitung des Ortes durch Tischlermeister Wilhelm Bergbrede). Bestätigung 1948. 1952 und 1956 ins Amt gewählt. Die Mehrheit der SPD im Gemeinderat nahm unter Gerkemeyer noch zu.
Er starb, inzwischen Träger des Bundesverdienstkreuzes, in der Heiligen Nacht 1959. Leistungen nach 1919: Linderung der Not, Ankurbelung des wirtschaftlichen, sportlichen und gesellschaftlichen Lebens im Ort, Hilfe bei der Neugründung oder dem Wiederaufleben der Vereine. Nach 1946: Einrichtung der „Linden-Lichtspiele“, Errichtung der Kreissparkassenzweigstelle, erste Müllabfuhr, Herrichtung des alten Sportplatzes mit angrenzendem neuem Campingplatz, Bau der Kapelle auf dem neuen Friedhof, erste Ampel an der Portastraße, erste Überlegungen für die Kanalisation einschließlich Kläranlage.
Gerkemeyers Nachfolger wurde sein seit 1946 amtierender Stellvertreter und SPD-Genosse Karl Homeier (1887-1973).
Martin Hutze (1894-1968)
Dr. jur., Sohn des Architekten Heinrich Hutze. Teilnehmer beider Weltkriege. Seit 1926 Anwalt in Minden, bald darauf auch Notar. Gab sich nicht dem NS-Regime preis. Nach dem II. Weltkrieg einige Jahre mit dem Mindener RA Flemming assoziiert. Seit 1952 vom Schlaganfall halb gelähmt. Am 3. Mai 1945 von den Briten zum Mindener Bürgermeister ernannt.
Doch schon 1946, als die kommunale „Doppelspitze“ eingeführt wurde, Entscheidung für für seine Kanzlei statt für den Posten des Stadtdirektors. Beendete sein Amt am 3. Oktober. Dennoch rückwirkend zum 1.11.1945 und befristet bis zum 31.10.1957 als „politischer Ehrenbeamter“ berufen.
Später schrieb er auf dieser Grundlage ein Stück bundesdeutsche Rechtsgeschichte: Er klagte gegen die Stadt Minden auf Zahlung von Versorgungsbezügen nach altem deutschem Gemeinderecht, das in der Zeit seiner Tätigkeit als Beamter noch gegolten hatte. In letzter Instanz wies der Bundesgerichtshof, wie alle Vorinstanzen, seine Klage ab und schuf damit den Präzedenzfall für zahlreiche Nachfolgefälle aus anderen Städten und Gemeinden der Bundesrepublik. Begraben auf dem alten Barkhauser Friedhof.



Walter Scheide (ca. 1895-1967)
Nach I. Weltkrieg als junger Sanitätsarzt von Schlesien nach Barkhausen. Hier bald niedergelassener Arzt für Allgemeinmedizin und Geburtshilfe. Versorgte auch Häverstädt und Bölhorst. Praxis und Wohnung an der Portastraße nahe dem Müttergenesungsheim. Machte sich um das Allgemeinwohl des Ortes verdient.
1924 in die Gemeindevertretung gewählt. Als Mitglied des Fremdenverkehrsausschusses gefragter Redner bei herausgehobenen Anlässen. Auch im fortgeschrittenen Alter noch Zugarzt des Barkhauser Sanitätszuges – später der „Sanitätsbereitschaft“ – im DRK, für das er ein halbes Jahrhundert lang in Barkhausen tätig war, davon 20 Jahre im Vorstand. Führte den Zug Barkhausen mehrfach zum Sieg bei Leistungswettbewerben auf Kreis- und Landesebene. Mehrere DRK-Ehrungen.
Gab nach dem II. Weltkrieg viele Hausmusikabende, bei denen er auch Eigenkompositionen vortrug. Für den „Wittekind“ komponierte er einen Sängerspruch. Auch Philosoph, Literat, Lyriker. Leidenschaftlicher Jäger; meist im Süntel. Starb auf der Jagd im Wittekindsberg. Dort ein Gedenkstein. Begraben auf dem neuen Friedhof. Jagdfreunde wollen ihm aber seinen letzten Wunsch erfüllt und seine Asche heimlich im Süntel verstreut haben.
Hermann Schmidt (1903-1983)
Ausgebildeter Mittelschullehrer. Vorfahren alteingesessene Barkhauser.
Kam nach Ausbildung und beruflichen Anfängen im Lippischen, in Krummhübel/Riesengebirge und Herford sowie nach Kriegsdienst und Kriegsgefangenschaft 1947 nach Barkhausen zurück. Dort an der Volksschule bis 1961 Lehrer bzw. Konrektor, danach bis zum Ruhestand 1968 Rektor.
Schulchronist der Nachkriegsjahre bis 1968. Auch nach der Pensionierung noch auf privatvertraglicher Grundlage für drei Jahre Lehrer an der Hausberger Realschule.
Von 1953 an Presbyter, von 1964 bis 1982 Kirchenmeister. Mitglied in verschiedenen Ortsvereinen. Ortsheimatpfleger. Erforschte vor allem die Hof- und Siedlungsgeschichte des Dorfes.
Zeichnete auf der Grundlage amtlicher Karten von 1828 eine eigene Karte, auf der die Flurstücke den alten Hofnummern zugeordnet werden. 1982, also noch zu seinen Lebzeiten, Benennung eines Weges im Walde des Wittekindsberges nach ihm.
